1. Konzept der Ermüdungs-Festigkeits-Kurven (Wöhler-Konzept)
1.1 Allgemeines
Das sog. Wöhler-Konzept heute auch das Konzept der Ermüdungs-Festigkeitskurven genannt, geht auf August Wöhler (geb. 1819 in Soltau) zurück. Er verbrachte den größten Teil seines Berufslebens bei verschiedenen Eisenbahn-Gesellschaften, zum Schluß als Generaldirektor der REichs-Eisenbahnen. Bedingt durch Schadensfälle an Rädern von Eisenbahnwagen und Lokomotiven, widmete sich August Wöhler der Erforschung der Bruchursachen. Es zigt sich, dass es die wiederholte Belastung war, die zu einem Sprödbruch (heute Ermüdungsbruch) geführt hatte. Die Tatsache, dass der wechselbeanspruchte Werkstoff eine geringere Belastbarkeit aufweist als der statisch belastete, war damals noch nicht bekannt. Diese Zusammenhänge wurden erst durch August Wöhler aufgedeckt. Er plante dazu Versuchsreihen, wie sie im Prinzip noch heute durchgeführt werden, um die Ermüdungsfestigkeit zu bestimmen.
Die Vorgehensweise war und ist wie folgt: 1) Eine größere Zahl identischer Versuchskörper werden unter konstanter Spannungsamplitude auf verschiedenen Spannungsniveaus bis zum Bruch gefahren 2) Die Bestimmung der sog. Dauerfestigkeit, d.h. der Spannung unterhalb derer kein Bruch mehr auftritt, ist versuchstechnisch aufwändig und erfordert viele Versuche (vgl. Treppenstufenverfahren) 3) Die Streuungen des Ergebnis‘ werden statistisch bewertet und daraus die Grenzlinien für eine gegebene Überschreitungswahrscheinlichkeit bestimmt. Auf Details wird später noch eingegangen.
Das Ergebnis wird dann in Diagrammen in einer Form Spannungsamplitude über der Bruchlastspielzahl N dargestellt (Bild 1.1). Wöhler hat seinerzeit den Mittelwert der Ergebnisse als Maß verwendet. Heute wird die statische Verteilung bestimmt, bzw. vorausgesetzt und dann die Fraktilwerte der Überlebenswahrscheinlichkeit bestimmt. Die 50% Fraktile wird als Wöhlerlinie bezeichnet.
Die Versuchserbenisse streuen sehr stark. Man kann die Steuungen im vertikalen Schnitt oder im horizontalen Schnitt (Bild 1.1 rechts). Der horizontale ist praktiuscher, da voraussetzungsgemäß alle Versuche bei gleichem Spannungsniveau gefahren wurden. Bei vertikaler Schnittdarstellung müsste man mühselig die Versuche heraussuchen, die bei gleicher Lastwechselzahl gebrochen sind. Exakt wird es das nicht geben.
Bild 1.1: Prinzip der Ermittlung von Ermüdungsfestigkeitslinien
Da das Arbeiten mit gekrümmten Kurven bei der täglichen Arbeit lästig und aufwändig ist, wurden die Kurven aus Bild 1.1 rechts linearisiert, vgl. dazu Bild 1.2. Es gibt den Kurzzeitbereich, der bis etwa 10^4 Lastwechsel gilt, Daran schließt sich der sog. Zeitfestigkeistbereich an, der bei N= 5 x 10^6 in den horizontalen Dauerfestigkeitsbereich übergeht, d.h. Spannungen finden keinen Schnittpunkt mit der Ermüdungs-Festigkeits-Kurve, es tritt also formal kein Bruch auf.
Bild 1.2: Vereinfachte Ermüdungs-Festigkeits-Kurven, schematisch
In der Norm EC 1993-1-9 gibt es noch einen weiteren Knickpunkt bei N = 2 x 10^5. Dieser Knick wird unten erläutert. Er ergibt sich nicht aus einfachen Wöhler-Versuchen. Aber wie werden die Verteilungen überhaupt bestimmt?
1.2 Vorgehen bei der Ermittlung der Ermüdungsfestigkeitskurven
1.2.1 Statistische Bewertung der Versuchsergebnisse
Zunächst muss die Art des Verteilungstyps festgestellt werden. Am einfachsten gelingt dies mit sog. Wahrscheinlichkeitspapieren. Eine gute Darstellung findet man in [1]. In einem Wahrscheinlichkeitspapier wird die Skalierung so geändert, dass die gekrümmte Wahrscheinlichkeits-Dichtefunktion zu einer Geraden wird (Bild 1.3). Es muss gelegentlich das Papier gewechselt werden, bis man eine optimale Anpassung erreicht.
Wichtige Wahrscheinlichkeitspapiere sind z.B. das Normal-, das Gumbel- und das Weibullpapier. Das Gumbel-Papier wird i.a. verwendet, wenn es um die Erfassung von Extremwerten geht (Wind, Regen, Abflussmenge etc.). Bei Ermüdungsuntersuchungen wird i.a. das Weibull-Papier verwendet.
Bild 1.3: Prinzip des Wahrscheinlichkeitspapiers [1]
a) Zunächst wird eine sog. Urliste erstellt. Hierin sind alle wild streuenden Werte x_n der Größe nach dargestellt, beginnend mit dem kleinsten Wert, vgl. Bild 1.4. Der Unterstrich im Text bei x_n soll anzeigen, dass das n eigentlich als Index zu schreiben ist. Das Sortieren nach Größe macht z.B. EXCEL sehr einfach:
Bild 1.4: Urliste [1]
b) Jedem Wert wird seiner relativen Stellung in der Tabelle ein Wert zugeordnet und eingetragen.
N ist die Gesamtzahl aller Werte (hier also N=21). Der erste Wahrscheinlichkeitswert ergibt sich also zu 1/22=0.04545. Bei der Untersuchung von Extremwerten wird der Ausdruck empfohlen (wird bei Ermüdungsuntersuchungen nicht vorkommen, der Wert ist nur der Vollständigkeit halber hier angegeben).
c) Die Wertepaare werden nun in das Wahrscheinlichkeitspapier eingetragen (schwarze Linie in Bild 1.5).
Beachten: Im Papier ist auf der Ordinate der Prozentwert eingetragen, der erste Wert liegt also bei [4,5 , 22,5] !
Bild 1.5: Eintragen ins Wahrscheinlichkeitspapier
Wenn sich eine gerade Linie ergibt, ist der durch das verwendete Wahrscheinlichkeitspapier beschriebene Verteilungstyp gut getroffen. Das ist bei dem o.a. Beispiel der Fall. Es gibt nur oben einen Ausreisser. Dies können z.B. Messfehler sein. Bevor man den Ausreisser eleiminiert muss man natürlich sorgfältig über die möglcihe Ursache nachdenken. Bei stärkerer ANweichung von einer Geraden, ist ggf. ein anderes Wahrscheinlcihkeitspapier zu wählen.
Bei anderen Wahrscheinlichkeitspapieren gelten andere Maßzahlen. Bei der Weibull-Verteilung liest man z.B. die x_Werte bei A_x(x_0,368)=0,368 und bei A_x(x_0,951)=0,951 ab. Die Unterstriche weisen hier wieder auf den folgenden Index hin. Damit ergeben sich die Parameter der Weibull-Verteilung wie folgt:
u = x_0,951
k = -3 / (ln(x_0,951 -eps) – ln(u – eps)). Der Parameter eps (=epsilon), der die untere Grenze der Verteilung beschreibt, kann frei gewählt werden.
Diese Maßzahlen dienen nur dazu, die formelmäßige Darstellung z.B. der Weibull-Verteilung ztu ermöglichen. Für unsere weitere Vorgehensweise werden sie zunächst nicht benötigt, da reicht das Wahrscheinlichkeitspapier.
Einschub (Extremwertsuche):
Häufig muss man aus einer vorhandenen Datenreihe (z.B. extreme Stürme der letzten 30 Jahre auf noch seltenere Ereignisse rückschließen, z.B. auf einen 50 oder gar einen 100 Jahres Sturm.
Man spricht allgemein vom 50-Jahres-Sturm. Das ist ein Sturm, der im Mittel etwa alle 50 Jahre einmal auftritt, d.h. natürlich nicht so, dass alle 50 Jahre ein solcher Sturm auftritt, sondern – wenn man über 1000 Jahre gemessen hätte – hätte man ca. 20 Ereignisse gefunden, deren Windgeschwindigkeiten gleich oder größer wären. Die Wiederkehrperiode ergibt sich zu: . delta-t ist problemspezifisch zu wählen. Im Regelfall bei Naturereignissen 1 Jahr. Bei quantentheoretischen Problemen vielleicht die Planckzeit. Wie im Bild 1.6 erkennbar ist, lässt sich mit Wahrscheinlichkeitspapieren leicht extrapolieren. Aber Vorsicht, wenn der extrapolierte Zeitraum größer ist als etwa das Zehnfache der stützenden Messreihe.
Bild 1.6: Extrapolation mit Wahrscheinlichkeitspapier
Nun aber zurück zur Ermüdung:
Durch Anwendung der Weibull-Verteilung auf das sog. Wöhlerdiagramm kann gesagt werden, wie viel Prozent der Bauteile bei einer definierten Belastung mit gegebener Wahtscheinlichkeit ausfallen werden.
Für jeden Belastungsfall wird für eine bestimmte Ausfallhäufigkeit, (z.B. 50%) der Punkt im Weibull-Papier nach unten in das Wöhlerdiagramm projiziert. Dann lässt sich durch Verbinden dieser Punkte die Wöhlerlinie ziehen (Bild 1,7 links). Für einen bestimmten Bereich z.B. 5% und 95% Ausfallwahrscheinlichkeit kann auf die gleiche Weise ein Wahrscheinlichkeitsbereich im Wöhlerdiagramm erzeugt werden (gestrichelte Linien).
Bild 1.7: Festlegung der Ermüdungs-Festigkeitslinien aus dem Wahrscheinlichkeitspapier
Aus Ablesen der Werte bei vorgegebenen Überlebenswahrscheinlichkeiten können die Fraktilwerte bestimmt werden.Hier 10% und 90% (Bild 1.7 rechts).
„Weibull-Steigungen“ haben unterschiedliche Werte, da diese auch einer zufälligen Streuung unterliegen. So entstehen aufweitende oder zusammenlaufende Bereiche.
Dies ergibt sich aber nicht nur durch einen aufweitenden Bereich, sondern auch bei einer parallel verlaufenden Linie, wegen des logarithmischen Maßstabes. Aufgrund der gleichen Testbedingungen sollten die Steigungen aber nicht wesentlich unterschiedlich sein. Es wird für die Ermittlung der 10%- und 90% Linie im Wöhlerdiagramm deshalb eine mittlere Steigung b verwendet. Diese verlaufen dann parallel zur 50% Linie.
Die dargestellte Vorgehensweise entspricht dem sog. Horizonten-Verfahren. Die statisch ausgewerteten Versuche liege alle auf einem Last- oder besser Spannungshorizont. In Bild 1.8 wird das Verfahren noch einaml prinzipiell dargestellt:
Bild 1.8: Prinzipielle Vorgehensweise beim Horizonten- und Perschnur-Verfahren.
Da für jeden Lasthorizont eine separate, logarithmische Standardabweichung ausgewiesen wird, sind die Lebensdauern für unterschiedliche Ausfallwahr-scheinlichkeiten je Horizont zu berechnen. Zu jeder Ausfallwahrscheinlichkeit lässt sich damit eine eigene Geradengleichung berechnen. Im Gegensatz zum Perlenschnurverfahren (folgt), ergeben sich damit im All-gemeinen Wöhlerlinien mit unterschiedlichen Neigungen für die einzelnen Ausfallwahrscheinlichkeiten. Wenn je Horizont ca. 5 bis 10 Versuche durchgeführt werden, ist eine große Zahl von Versuchskörpern erforderlich, wenn mehrere Spannungshorizonte untersiucht werden sollen.
Dieser Nachteil wird durch das Perlschnurverfahren beseitigt. Die Ergebnisse auf unterschielichen Spannungshorizonten werden poarallel zur 50%-Kurve auf einen gemeinsamen Horizont projeziert, der dann statisch ausgewertet wird. Dafür müssen natürlich Genauigkeitszugeständnisse gemacht werden. So wird z.B. die Standardabweichung der verschiedenen Lasthorizonte als konstant vorausgesetzt. Diese Voraussetzung wird in Wirklichkeit relativ gut eingehalten. Weitere Voraussetzung: Die schwarze Linie (50%-Fraktile=Wöhler-Linie) muss zu Beginn festgelegt werden! Hierzu müssen Startversuche auf zwei weiter entfernten Spannungshorizonten nach dem Horizontenverfahren durchgeführt werden.
Bei Einsatz des Perlenschnurverfahrens (nach Erker) werden Proben auf mehreren Lasthorizonten im Zeitfestigkeitsgebiet bis zu einem Ausfallkriterium (z.B. Anriss oder Bruch) geprüft. Ordnen sich die ermittelten Lebensdauern bei doppeltlogarithmischer Darstellung entlang einer Geraden an, dann kann die Wöhlerlinie (Ausfallwahrscheinlichkeit von P = 50 %) bestimmt werden. Die Minimierung der Fehlerquadrate hat dabei in Richtung der Schwingspielzahl über alle Versuchspunkte (Anriss/Bruch) im Zeitfestigkeitsgebiet zu erfolgen. Versuchsabbrüche nicht mit einbeziehen!
Die versuchtechnische Ermittlung der unteren, horizontalen Gerade der Ermüdungsfestigkeitskurve ist versuchstechnisch aufwändig, da diese nur in einem iterativen Verfahren ermittelt werden kann. Die Vorgehensweise ist in Bild 1.9 dargestellt. Es handelt sich um das sog. Treppenstufen-Verfahren, bei dem die Dauerfestigkeit iterativ eingeschrankt wird. Die Ergebnisse werden dann noch statistisch verbessert. So ergeben sich der Medianwert und die erwartete Standardabweichung – mit Verwendung der Auswertungen aus der Tabelle – zu:
.
Bild 1.9: Vorgehen beim Treppenstufen-Verfahren
1.3 Definitionen und Festlegungen
Es hat sich durchgesetzt, gewisse Vereinfachungen zur Beschreibung der Versuchsparameter zu verwenden. Diese beziehen sich i.a. auf die Art der Beanspruchung der Proben.
Die ältere Bezeichnung über den Faktor kappa ist immer noch verbreitet und wird deshalb auch hier dargestellt. Der Faktor kappa ist definiert zu:
Die Spannungsextrema werden zunächst absolut, also ohne Vorzeichen eingesetzt, anschließend werden die Vorzeichen wieder eingefügt. Dabei kann aus einem negativen Vorzeichen im Zähler und im Nenner ein gesamt positives Vorzeichen entstehen. BEi ungleichen Vorzeichen, setzt sich bekanntlcih immer das negative durch. In Bild 1.10 wird dies deutlcih:
Bild 1.10: Beispiel für die Definition des kappa-Wertes und Bezeichung der zugrundeliegenden Beanspruchung
In neuerer Zeit hat sich Beschreibung des Spannungsverhältnisses über den sog. R-Wert durchgesetzt. Dieser ist definiert zu:
Die Vorzeichen werden von Anbeginn an berücksichtigt. Bei Oberspannung Null (Fall 4) wird deshalb R unendlich (Bild 1.11). Man erkennt, dass die R-Definition – bis auf den Fall 4 – zu gleichen Ergebnisse kommt, wie die kappa Definition.
Bild 1.11: Beispiel für die Definition des R-Wertes und Bezeichung der zugrundeliegenden Beanspruchung
Da mit dem kappa- oder R-Wert zwei Parameter der Spannungsbeanspruchung zusammengefasst werden, lassen sich auch Wöhler-Versuche unterschiedlich durchführen, vgl. Bild 1.12:
Bild 1.12: Möglichkeiten bei der Durchführung von Wöhler-Versuchen
Beim linken Fall A, werden also die Spannungsverhältnisse auf den unterschiedlichen Spannungsniveaus konstant gehalten, was dazu führt, dass die MIttelspannung absinken muss. Im rechten Fall B wird die Mittelspannung konstant gehalten, mit der Folge, dass die Spannungsverhältnisse kappa oder R sich ändern.
1.4 Arbeiten mit Ermüdungs-Festigkeits-Linien
1.4.1 Sicherheitsbeiwerte
Die Teilsicherheitsbeiwerte sind vergleichbar angelegt, wie die Teilsicherheitsbeiwerte bei Grenzlastnachweisen:
Die einwirkenden Beanspruchungen werden i.a. mit γ_Ff =1,0 gerechnet, die Widerstände mit γ_Mf reduziert. (Index f = fatigue) γ_Mf ist im Eurocode in Tabelle 9.3.1 angegeben (vgl. Bild 1.13):
Bild 1.13: Tabelle der Teilsicherheitsbeiwerte
Man erkennt, dass die Teilsicherheitsbeiwerte abhängen von der Wichtigkeit des betrachteten Bauteils in der Gesamtkonstruktion (foilgt unmittelbar ein lokaler oder globaler Einsturz, wenn das betreffende Bauteil versagt?) und der Möglichkeit eine qualititativ hochstehende Inspektion durchführen zu können. Der Nachweis ist dann wie üblich zu führen, mit einer Vergrößerung der Einwirkungen und einer Reduktion der Widerstände:
.
Der Teilsicherheitsbeiwert für die äußeren Beanspruchungen gamma_Ff wird in der Regel zu 1,0 angenommen.
1.4.2 Konstantes Einwirkungs-Kollektiv
Im Fall eines konstanten Einwirkungskollektiv, bei dem sich Ober- und Unterspannung bei den wiederholten Belastungen nicht ändern, ist der Nachweis sehr einfach. Es muss schlicht gezeigt werden, dass die Anzahl der auftretenden Wechsel der Spannungsdoppelamplitude kleiner ist als die in Versuchen am betrachteten Detail ermittelte Bruchlastspielzahl. Wenn die Anzahl der Lastspiele vorgegeben ist, muss dann die Spannung soweit abgesenkt werden, dass sie unterhalb der Ermüdungsfestigkeitskurve liegt (Bild 1.14).
Bild 1.14: Nachweis bei konstantem Spannungskollektiv
Woher bekommt man die Ermüdungsfestigkeitskurven, denn schließlich kann man nicht für jedes DEtail vorher Versuche durchführen. Ein sehr großer Teil von Ermüdungs-Festigkeistkurven ist in Normen gegeben, z.B im EC 1993-1-9 (Ermüdung). Beidpielhaft wird hier ein Beispiel gezeigt.
Das betarchtete Detail ist in BIld 1.15 beschrieben. Die vordere Ziffer (Kerbgruppe) gibt die Nummer der zugrunde zu legenden Ermüdungs-Festigkeits-Kurve an. Im oberen Beispiel wäre es bei einer Länge des aufgeschweißten Flachbleches < 50mm die Kerbgruppe 80.
Bild 1.15: Beschreibung des betrachtten Details und Kerbgruppen-Angabe
Die Ermüdungsfestigkeitskurven für eine Normalbeanspruchung (wie in den Skizzen von Bild 1.15 angegeben) ist in Bild 1.16 dargestellt. Für Schubspannungsbeanspruchung sind die Kurven ebenfalls im EC 1993-1-9 angegeben. in Bild 1.15 sind sie schematisch dargestellt. Es fällt auf, dass der STeigungskoeffizient hier durchweg mit m=5 festgelegt ist, im Gegensatz zu m=3 bei Normalbeanspruchung. Außerdem fehlt bei Schubspannungen der Knich in den Kurven bei N=5 x 10^6. Achtung: Beide Achsen sind logarithmisch!
Bild 1.16: Ermüdungs-Festigkeits-Kurven für Normalbeanspruchung und schematisch für Schubspannungen
Die wesentliche Aufgabe beim Ermüdungsnachweis besteht darin, zunächst den passenden Kerbfall, d.h. das passende Detail zu finden. DIese sind in der Norm EC 1993-1-9 auf 13 Seiten angegeben. In Bild 1.17 werden davon schematisch 2 gezeigt:
Bild 1.17: In der Norm EC 1993-1-9 untersuchte Details (Auswahl)
Die richtige Auswahl des passenden Details ist der Punkt, der am fehleranfälligsten bei der ganzen Nachweisführung ist. Man muss dabei nicht nur die geometrie im Auge haben, die der tatsächlichen gut ähneln sollte, sondern auch die Beanspruchung. Beispiel: Das Detail in Bild 1.13 könnte als Fahnenblech gedeutet werden, wie es oft zum Anschluß von Trägern an Stützen verwendet wird. Ein solche Zuordnung wäre falsch, denn das Detail aus Bild 1.15 ist nur auf das Blech geschweißt und wirkt deshalb, nach der Krafteinleitung, als Teil des Querschnittes mit. Sehr kurze Bleche wirken kaum mit, weil nur wenig Kraftlinien in das Blech hinein“fließen“. Bei längeren Flachblechen wirkt es voll mit, es fließt also viel mehr Kraft in das Flachblech, damit steigen auch die Spannungsspitzen an der Einleitungsumlenkung, der Stirnkehlnaht. Das ist der Grund dafür, dass lange Bleche einer niedrigeren Kerbfallgruppe zugeordnet werden, als sehr kurze Bleche. Ein richtiger Fahnenblechanschluss erhält aber zusätzlich zu dem eben beschriebenen Effekt Zusatzspannungen aus der Krafteinleitung, es gibt Schubspannungen und Normalspannungen in den Nähten, die im Beispiel nach Bild 1.13 nicht erfasst sind. Solche Fehler werden sehr oft gemacht, also Vorsicht!.
1.4.3 Beliebige Beanspruchunsgkollektive, d.h. beliebige Belastungsfolgen
1.4.3.1 Spannungskollektive
Bei beliebigen Belastungsfolgen, muss zunächst das sog. Beanspruchungskollektiv bestimmt werden. Wie dies durchgeführt wird, wird im Untermenüpunkt Beanspruchung ermittelt. Als Schädigungsereignisse werden dann die geschlosenen Hysteresen gezählt. Grund: Hysteresen entstehen auf Grund der Entstehung innerer Schädigungen (Gleitungen, Versetzungen, Mikro- und Makrorissbildung), die natürlich Energie dazu benötigen. Dies prägt sich in, Spannungs-Dehnungs-Diagramm so aus, dass die Arbeit bei Belastung größer ist als bei Entlastung (Bild 1.18). Die Belastungskurve, ist also, von der Abszisse aus gesehen, konvex, die Entlastungskurve konkav. Damit ist die geleistete Arbeit (= Fläche unter der Spannungs-Dehnungskurve) bei Belastung größer als die beim Entlasten wiedergewonnene. Der verbleibende Betrag ist die für die Produktion der Schädigungen verbrauchte – also dissipierte – Arbeit.
Bild 1.18: Hysterese bei Be- und Entlastung
Je größer die Hysteresen, desto größer die dissipierte Arbeit. Aus diesem Grunde nimmt man nicht die tatsächliche Hysteresenfläche als Maßstab, sondern den Abstand der beiden Umkehrpunkte. Dieser Abstand, also die Spannungsdifferenz ist ein Maßstab, der proportional zur Schädigung ist. Bei der Bestimmung der Umkehrpunktsabstände helfen Methoden, wie z.B. die rainflow- oder reservoir-Methode. Siehe auch hierzu den Abschnitt im Abschnitt Beanspruchung.
Da das Aufstellen von Kollektiven gelegentlich etwas mühselig ist, hat man z.B. im Kranbau standardisierte Beanspruchungskollektive aufgestellt (Bild 1.19). Hierin ist die Spannung immer bezogen auf den einmal auftretenden maximalen Wert, die Lastspielzahl auf den einmal auftretenden maximalen Wert.
Bild 1.19: Standardkollektive für den Kranbau
Die Einordnung zu den einzelnen Kollektiven ist von der ingenieurmäßigen Einschätzung abhängig. Ggf. wird man sich hier auf die sichere Seite liegen, d.h. ein etwas fülligeres Kollektiv wählen, das also oberhalb der eigenen Schätzung liegt.
Wenn kontinuierliche Kollektive vorliegen (wie z.B. die Krankollektive aus Bild 1.19), können diese entweder nach dem Treppenstufenverfahren in diskrete einzelnen Spannungsblöcke umgewandelt werden, oder man rechnet komplett analytisch mit kontinuierlich definierten Funktionen. Die grundsätzliche Vorgehensweise ist in Bild 1.20 dargestellt. Auch hierbei gilt es, die Schädigung des gesamten Kollektivs zu bestimmen, d.h. man benötigt n und die zugehörige Bruchlastspielzahl N auf einem gegebenen Spannungsniveau. Der Weg ist in Bild 1.20 kurz dargestellt.
Bild 1.20: Analytische Vorgehensweise bei Vorliegen kontinuierlicher Kollektive
Bei der Erstellung eigener Beanspruchungskollektive werden die Spannungen in Klassen zusammengefasst und dann in dem Diagramm, in dem auch die Ermüdungs-Festigkeits-Kurven dargestellt werden, der Spannungsgröße nach zusammen mit der zugehörigen Anzahl der Lastspiele n_i, mit der diese Spannungsklasse auftritt, eingezeichnet (Bild 1.21).
Bild 1.21: Spannungskollektiv und Ermüdungs-Festigkeits-Kurve
Die Auswertung folgt prinzipiell der bisher bekannten Auswertung. Es wird für jeden Spannungsblock das Verhältnis der auftretenden Lastspiele n_i in Bezug gesetzt zu der bei der Spannung sich ergebenden Bruchlastspielzahl. Wenn n_i = 0 ist tritt die Spannungsklasse nicht auf, es gibt also auch keinen Schaden. Wenn n_i = N__i ist, hat die Spannungsklasse die Bruchlastspielzahl erreicht, es gibt einen Bruch (zumindest rechnerisch), die Schädigung ist vollständig. Wenn die Schädigung D (von engl. damage) zwischen 0 und 1 liegend definiert wird, hat der erste Fall die Schädigung D=0, der zweite D=1. Wenn die Hälfte der Bruchlastspielzahl aufgebarcht wird, sei die SChädigung D= 1/2 = 0,5. Das ist natürlich eine Hypothese, allerdings ein sehr praktische. Wenn diese Überlegungen nun für jeden einzelnen Spannungsblock durchgeführt werden, ergibt sich der Gesamtschaden zu:
Dies ist die sog. Schädigungshypothese, nach Palmgreen und Miner. Beide haben die Hypothese etwa zeitgleich aufgestellt. Der Vorzug ist, die sehr einfache Anwendung. Leider ist die Treffergenauigkeit, verglichen mit Versuchen, nicht besonders hoch. Darauf wird im Anschluss noch eingegangen.
Für die praktische Durchführung des Nachweises empfiehlt sich eine Tabelle. Hierfür müssen die Ermüdungsfestigkeitskurven analytisch dargestellt werden können. Darauf wird im Folgenden noch eingegangen. Zunächst sollen diue Fehlermöglichkeiten der einfachen Hypothese besprochen und ggf. Abhilfemaßnahmen angegeben werden.
1.4.3.2 Fehlerquellen und Abhilfe bei der linearen Schadensakkumulation
Die oben genannten Abweichungen zwischen den Prognosen der Theorie auf der Basis der linearen Schadensakkumulation beruhen im Wesentlichen auf zwei Einflüssen:
- Die Dauerfestigkeit ist kein konstanter Wert, sondern sinkt bei zunehmender Schädigung ab. Deshalb können auch Spannungsblöcke ins „Schädigungsgeschäft“ kommen, die zunächst, da unter der Dauerfestigkeit liegend, keinen Einfluss hatten. In Bild 1.18 wird dies deutlich. Die Ausgangs-Dauerfestigkeit des junfräulichen Materials sigma_D,0 wird nach der Formal in BIld 1.18 bei wachsender Schädigung D nach der linearen Schädigungshypothese – vgl. oben – geringer, Bei ausreichendem Absinken wird der unterste Spannungblock einen Schnittpunkt mit der Ermüdungs-Festigkeits-Kurve finden, d.h. es gibt einen Zuwachs in der Schädigung. Die Schädigung wächst dann überproportional an, wie es in Bild 1.19 dargestellt ist.
Man kann die Berechnung so durchführen, indem man das für die gesamte Lebenszeit bestimmte Spannungskollektiv in mehrere Zeitscheiben zerlegt, so dass in der Summe schließlich wieder alle Lastwechsel auftreten. Wenn also ein Spannungsblock in 50 Jahren n=50.000 Lastwechsel aufweist, und man in Jahresabschnitten denkt, hat das Kollektiv für ein Jahr N=1000 Lastwechsel. Im Bild 1.19 wird also immer das selbe Spannungskollektiv (mit z.B. n=1.000) ausgewertet. Da der letzte Spannungsblock zunächst noch unter der aktuellen (hellblau gezeichneten) Dauerfestigkeit liegt, schädigt er nicht, es ergibt sich immer der gleiche Schadenszuwachs. Erst wenn der letzte Spannungsblock i infolge ausreichendem Absinken der Dauerfestigkeit mit ins „Schädigungsgeschäft“ kommt, gibt es einen Zuwachs der Schädigung, wir haben es also jetzt mit einer nichtlinearen Schädigungshypothese zu tun. Die Schädigungsbeiträge sind in den gleichen Farben dargestellt, wie die jeweils gültige aktuelle Dauerfestigkeitslinie.
Die Vorgehensweise ist etwas mühevoll, auch wenn sie sich mit Programmen, wie z.B. EXCEL rasch durchführen lässt. Esgen diesem Problem abzuhelfen. Der einfachste und in die Norm eingegangenen Vorschlag stammt von Haibach: Hierbei knickt die Ermüdungs-Festigkeits-Kurve an der Dauerfestigkeit ab und wird von diesem Einhängepunkt mit geringerer Steigung (m=5) bis zum sog. Schwellenwert der Dauerfestigkeit weitergeführt. Unterhalb des Schwellenwertes tritt dann kein weiteres Absinken der Dauerfestigkeit ein.
Dieser Bereich von der Dauerfestigkeit bis zum Schwellenwert hat allerdings nur dann eine Bedeutung, wenn die Beanspruchungskollektive
- sowohl oberhalb der Dauerfestigkeit, als auch unter ihr liegen. Nur dann tritt der Effekt der Dauerfestigkeitsabsenkung auf. Wenn es nur Spannungsblöcke oberhalb dere Dauerfestigkeit gibt, kann diese ruhig absinken, es interessiert nicht, da es keine Spannungsblöcke gibt, die ggf. schädigen könnten.
- Wenn nur Spannungsblöcke unterhalb der Dauerfestigkeit vorliegen, tritt definitionsgemäß kein Schaden auf, die Dauerfestigkeit sinkt also auch nicht ab, die Spannungsblöcke haben deshalb keine Schädigung zur Folge. Bedingt durch das Haibach-Modell zur Erfassung des Dauerfestigkeitsabfalles weist der Bereich zwischen Kerbfallklasse und Dauerfestigkeit eine geringere Steigung (m=5) auf.
Bild 1.22: Absinken der Dauerfestigkeit und Hinzutreten neuer Spannungsblöcke zur Schädigung, dadurch nichtlinearer Schadenszuwachs
Es sei ergänzend bemerkt, dass es viele Verfahren gibt, die versuchen, den Dauerfestigkeistabfall zu erfassen. In Bild 1.23 sind einige Vorschläge kommentarlos dargestellt. Die praktische Lösung von Haibach hat es in die Norm „geschafft“.
Bild 1.23: Vorschläge zur Erfassung des Dauerfestigkeitsabfalles
- Der Einfluss der Lastfolgen ist verlorengegangen. Dies hat natürlich eine Auswirkung, da es eine Rolle spielt, ob z.B. zu Beginn erst alle großen Lastwechsel einwirken – die dann ggf. schon Schädigungen zur Folge haben – mit denen sich die folgenden, kleineren Lastwechsel sich dann abgeben müssen, oder ob zunächst alle kleinen Lastwechsel kommen, die möglicherweise keine Schädigungen hervorrufen, so dass die großen Lastwechsel auf eine noch jungfräuliche Struktur treffen, mit der Folge höherer möglicher Lastspielzahlen.
Die Lastfolge ist beim Auszählen der Kollektive völlig untergegangen, sie ist nicht mehr bekannt. Was also tun, um diesen Defekt zu mildern? Die Lösung liegt in einem Verfahren, das im Maschinenbau Betriebs-Nachfahrversuche genannt wird. Wenn z.B. das Fahrwerk eines Flugzeuges geprüft werden soll, wird zunöchst die Beanspruchung beim Start, beim Flug und bei der landung bestiummt. Damit liegt eine Lastfolge vor, die in dieser Form den Prüfmaschinen zugrunde gelegt wird. Die Lastfolge wird immer wiederholt, bis zum Bruch. Hieraus kann man auf die mögliche Zahl von Flugbewegungen rücksichließen und ggf. das Fahrwerk verstärken, wenn die Lebensdauer zu gering erscheint.
Nun ist es Bauwesen praktisch nicht möglich, dieses Vorgehen 1:1 zu übertragen. Wenn man an Brücken denkt oder an hohe Maste, die beide durch Zufallslasten (Verkehr, Wind) beansprucht werden, wird klar, dass es hier keine klar definierte Belastungsfolge geben kann.
Man geht deshalb im Bauwesen so vor, dass die einzelnen Spannungsblöcke eines Kollektivs nicht der Reihe nach abgefahren und die jeweils zugehörige Bruchlastspielzahlen experimentell ermittelt werden, sondern man macht aus dem in Bild 1.24 links dargestellten Gesamt-Beanspruchungskollektiv unter Anwendung der Zeitscheibentechnik mit z.B. m-Zeitscheiben (siehe oben) ein etwa realistischeres mit Reihenfolge-Effekten, indem von jedem Spannungsblock 1/m-tel genommen wird. Wenn der neue Block jeweils m mal als Block abgefahren wird, wird die Gesamtlastspielzahl wieder erreich, oder vielleicht nicht.
Bild 1.24: Gesamtkollektiv und umgeordnetes Zeitscheiben-Kollektiv
Wenn man die Ergebnisse der Lebnsdauerversuche mit den neuen Kollektivformen durchführt, kommt man zu sogenannten Lebensdauerlinien. Je stärker ein Kollektiv von der rechteckigen Form (kein Reihenfolge Effekt) abweicht, desto günstiger sind die Ergebnisse der Lebensdauer-Versuche, verglichen mit den klassischen Ermüdungsfestigkeitskurven und der Schadensakumulation, vgl. Bild 1.25:
Bild 1.25: Lebensdauerlinien mit realitätsnahem Kollektiv
1.4.4 Praktische Durchführung der Berechnung
Es liegt auf der Hand, dass die praktische Durchführung der Berechnungen am einfachsten in Tabellenform erfolgt. Hierbei lohnt es sich, z.B. eine EXCEL-Tabelle zu erstellen, die die Berechnungen weitgehend automatisch durchführt. Für eine solche Tabelle müssen die Ermüdungs-Festrigkeist-Kurven analytisch vorliegen. Die Formeln sind im EC 1993-1-9 (z.T. auch) implizit enthalten. Sie sind in der Tabelle in Bild 1.27 dargestellt. In Bild 1.26 sind zunächst die Bezeichungen angegeben, in der Tabelle Bild 1.27 die zugehörigen Formeln.
Bild 1.26: Bezeichungen | Bild 1.27: Tabelle mit Formelapparat |
.
Noch einige Erläuterungen zu den Bezeichnungen in Bild 1.26. Die Kerbfallbezeichnung ist der Einhängewert für die Kerbfallklasse. Der Einhängewert ist bei N= 2 x 10^5 festgelegt. Dies hat vor allem historische Gründe. Die Kerfallklasse 80 hat also bei N = 2 x 10^6 einen Spannungswert von 80 N/mm^2. Die Dauerfestigkeit ist bei N= 5 x 10^6 definiert. Diese lag früher bei N = 2 x 10^5. Unterhalb der Dauerfestigkeit geht es noch weiter herunter, allerdings mit geringerer Steigung (m=5). Hierdurch soll – nach Haibbach [3] – der Dauerfestigkeitsabfall erfasst werden, s.o.. Die Linie erreicht bei 1 x 10^8 den sog. Schwellenwert der Ermüdungsfestigkeit. Dies ist der Wert unter den die Dauerfestigkeit nicht weiter abfällt. Auf die Hinweise zur Durchführung eines Nachweises mit Dauerfestigkeitsabfall wird hier noch einmal hingewiesen.
In der linken Spalte der Tabelle in Bild 1.27 sind die Formeln für den Bereich oberhalb der Dauerfestigkeit angegeben, die rechte Spalte gibt die FOrmeln an für den Bereich unterhalb der Dauerfestigkeit bis zum Schwellenwert. In der mittleren Spalte steht die Erklärung für die Formeln, die für beide Randspalten gilt.
Das prinzipielle Arbeiten ist zum Grundverständnis in Bild 1.28 gezeigt. Zusammen mit den Erläuterungen in Bild 1. 26 und 1.27 dürfte die Vorgehensweise klar werden.
Bild 1.28: Prinzipielles Arbeiten mit Ermüdungsfestigkeitskurven
In Bild 1.29 ist eine EXCEL-Tabelle gezeigt. Die notwendigen Formeln sind herausgezogen. Gelb sind die Eingabefelder, grün die Ergebnisfelder.
BIld 1.29: EXCEL-Tabelle zur Emittlung der Ermpüdungsfestigkeit.
Einschub Einige Hinweise zur EXCEL-Syntax
Bild 1.30: Erläuterungen zur Tabellenprogrammierung
1.5 Mit welchen Spannungen wird gearbeitet?
1.51 Nennspannungskonzept
Die Berechnungen werden alle in Bezug auf Spannungen durchgeführt. Es stellt sich hier die Frage, welche Spannungen sind gemeint? Sind es die Kerbspannungen am kritischen Detail, die schleßlich dafür sorgen, dass ein Bruch eintritt?
Das wäre in der Berechnungspraxis sehr mühselig, denn man müsste für jedes Detail zunächst die Kerbspannungen ermitteln. Aus diesem Grunde geht man bei der praktischen Bemessung mit Ermüdungs-Festigkeist-Kurven anders vor.
Die dort zugrundeliegenden Versuche sind alle auf die sog. Nennspannungen bezogen, d.h. die Spannungen, die sich nach der Technischen Biegelehre unter Vernachlässigung der Kerben ergeben. Dennoch sind die Kerbspannungen im Konzept enthalten. Sie werden automatisch durch den Versuch erzeugt. BIld 1.31 macht das deutlich.
Bild 1.31: Blech mit Kerbspannungen infolge Loch
Die Bruchlastspielzahlen werden in Bezug gesetzt zur Spannung vor dem kritischen Detail, d.h. sie werden nach Technischen Biegelehre ermittelt, ohne das das Detail berücksichtigt wird. Die tatsächlichen Spannungen sind natürlich im Versuch im Detail enthalten. Die hohen Kerbspannungen führen dann auch zu einem frühen Bruch an dere Stelle der hohen Kerbspannungen. Wenn die Versuche unter einer gegebenen Nennspannung brechen, wird dies auch das konkrete Detail tun, dass unter dieser Nennspannung steht. Damit ist der Weg klar: Die Kerbspannungen sind durch den Versuch automatisch erfasst, der Bezug auf die Nennspannung ist lediglich eine Hilfe in der täglichen Bemessungspraxis. Voraussetzung ist natürlich, dass für das zu untersuchende Detail unter einer äußeren Beanspruchung ein Detail im Kerbfallkatalog zu finden ist, das den Ähnlichkeitsansprüchen genügt. Was ist zu tun, wenn man kein Detail findet, das diesen Ansprüchen genügt? In diesem Fall greift man auf das Konzeot der sog. lokalen Bezugsspannungen (Strukturspannungen) zurück.
1.5.2 Konzept der lokalen Bezugsspannungen
Wenn keine Details vorliegen, die in Bezug auf Geometrie und Beanspruchung ähnlich sind, müssen die lokalen Spannungen der Striktur an der als kritisch angesehenen kernstelle vorab bestimmt werden. In Bild 1.32 ist das Prinzip dargestellt.
Bild 1.32 Prinzip des Konzepts der lokalen Bezugsspannungen
Für das Walzprofil mit großem Stegloch liege für Biege-Beanspruchung keine Details im Kerbfallkatalog vor. Im ersten Schritt werden deshalb die lokalen Spannungen vorab bestimmt. Dies kann z.B. mit Hilfe der Methode der Finiten Elemente geschehen, oder durch Versuche, bei denen unter Biegebeanspruchung mit Hilfe von Dehnungsmessstreifen (DMS) die lokalen Beanspruchungen aufgenommen werden. Die FE-Methode dürfte in einem solchen Fall mit Abstand die einfachste Lösung darstellen. Aus dem Ergebnis der Messungen oder aus der FE-Berechnung werde der nichtlinear gekrümmte Spannungsverlauf in Bild 1.28 rmittelt. Er ähnelt in keiner Weise dem Biegsspannungsverlauf, sondern zeigt eine hohe Spitze am Lochrand. Das Moment wird hier offenbar durch ein Kräftepaar aufgenommen, dessen Kräfte sich aus der Integration über die Flächen ober-, bzw. unterhalb, des Loches ergeben.
Die hohe Spannungsspitze wirkt nun am Lochrand auf das Grundmaterial. Die gezeichnete Schweißnaht sei nicht vorhanden. Man stellt sich nun im nächsten Schritt einen Probekörper vor, der unter der Spannunsgspitze liegt und der aus dem Grundmaterial des Walzprofiles besteht. In diesem Fall wäre also der Ermüdungsnachweis mit der ermittelten Strukturspannung und dem Detail reines Grundmaterial des Kerbfallkataloges zu führen.
Wenn genau in Lochmitte eine vollständige Quernaht läge, wie in Bild 1.28 dargestellt, wirkt die Spannungsspitze auf einen Probestab mit einer X.Schweißnaht. In diesem Fall ist mit dem passenden, zugehörigen Detail aus dem Kerbfallkatalog zu arbeiten. Damit sind die hohen globalen Kerbspannungsspitzen und auch die Spannungsspitzen aus den Schweißnaht-Ungänzen (Einbrandkerben, Poren etc) erfasst. Natürlich könnte man auch bei der Strukturspannungsermittlung die Schweißnaht mit ihren Ungänzen zu modellieren versuchen. In diesem Fall hätte man die zusätzlichen Spannungsspitzen aus den Schweißnaht-Ungänzen auch erfasst und könnte diese Spannungen vielleicht mit dem Detail des Grundwerkstoffes behandeln. „Vielleicht“ deshalb, weil dieser Vergleich bei einer Schweißnaht nicht sauber zutrifft, die Materialänderungen durch Aufhärtungen etc. sind dabei nicht erfasst.
Darüberhinaus wäre die beschriebene Modellierung von Ungänzen auch nur eine mögliche Realisation der Wirklichkeit, vielleicht sind die Ungänzen ganz anders. das weiß man nicht. Der Versuch mit den geschweißten Proben enthält dagegen auch diese Information – und die Werkstoffänderungen ebenso – schließlich werden ja mehrere Proben im Ermüdungsversuch untersucht, so dass die allfälligen Streuungen zu einem großen Teil enthalten sind. Auch hier könnte man versuchen durch Änderung der Schweißnaht-Modellierung eine gewisse Streuung abzubilden, die Werkstoffänderung wäre dennoch nicht enthalten.
Man tut also gut daran, bei der praktischen Untersuchung nach dem Strukturspannungskonzept immer zu versuchen sich auf untersuchte Details zu beziehen, insbesondere, wenn es um Details mit kritischen SChweißnähten geht.
1.5.2 Hot-Spot Konzept
Das Hot-Spot Konzept kommt aus dem Bereich der Offshotetechnik. Bei Verwnedung von großen Raumfachwerken, z.B. für Wind-Energieanlagen, werden sehr dickwandige Rohre miteinander verschweißt. Da solche Rohrkonstruktionen in der Regel mit HIlfe der FE-Methode untersucht werden, wobei für die Rohe i.a. 2D-Schalenelemente verwendet werden, die zwar Spannungsänderungen über die Rohrdicke abbilden können, z.B. Biegespannungen und überlagerte Normalspannungen, nicht aber Spannungen die in der dritten Richtung, also senkrecht zur Mittelebene der Schale (des Rohres) wirken. Bild 1.33 macht dies deutlich. Im Bereich der Schweißnähnte des Rohranschlusses, wirken Spannungen in dvertikaler Richtung, die durch 2D-Schalenelemente nicht erfasst werden können.
Bild 1.33: 3D- Spannungsverteilung in der Schale bei Rohranschlüssen
Natürlich könnte man dieses Problem so lösen, dass man von vornherein keine 2D-Schalenelemente bei der Berechnung einsetzt, sondern 3D-Volumenelemente. Dies würde bei einer großen Offshore-Fachwerkkonstruktion zu einem riesigen numersichen Aufwand führen, so dass das i.a. nicht gemacht wird. Man könnte auch ÜbergangsElemente einsetzen, die den 2D-Schalenzustand auf die 3D- Elemnte überführt, so dass die Schweißnähte korrekt erfasst würden. AUch das ist mit einem erheblcihen Modellierungsaufwand verbunden, so dass auch diese Möglichkeit i.a. ausscheidet.
Die Lösung besteht in der Verwendung des sog. Hot-Spot Konzeptes.
Hierbei wird die lokale Spannungserhöhung im Bereich der Schweißnaht durch eine Extrapolation näherungsweise erfasst (Bild 1.30). Die ausgezogene, schwarze Linie stelle den tatsächlichen Spannungsverlauf dar, der sowohl die Schalen- als auch die geometrischen Schweißnahteffekte erfasse. Durch eine einfache lineare, oder besser quadratische Extrapolation wird versucht, sich der tatsächlcihen Spannungsspitze zu nähern. Insgesamt ein nicht ganz befriedigendes Verfahren, denn die Extrapolation ist relativ willkürlich.
1.6 Ermüdung bei Beton
Wie im Grunde jedes Materiual ermüdet auch Beton unter wiederhiolter Beanspruchung. Man könnte vermuten, dass dieser Effekt gerade bei den jetzt in die Anwendung drängenden ultrahochfesten Betonen eine wichtige Rolle spielen könnte.
Die rechneri-sche Erfassung ist im FIB Model Code Vol.1 geregelt. Ebenso auf diser Grundlage im EC 2. Der Nachweis wird prinzipiell ähnlich geführt, wie beim Stahl, allerdings gibt es naturgemäß andere Ermüdungsfestigkeitskurven. Diese sind von der Art der Beanspruchung abhängig, vgl Bild 1.31.:
Bild 1.34: Ermüdungs-Festigkeistkurven bei Beton
Die Kurven gelten für den reinen, unbewehrten Beton. Kerbspannungen infolge Änderungen im Kraftfluss o.ä. sind nicht erfasst. Diese müssen also vorab, wie beim Strukturspannungskonzept ermittelt werden und dann mit den Kurven des Grundwerkstoffes verglichen werden.
Die Erfassung der Ermüdung des Bewehrungsstahls ist völlig vergleichbar mit der Ermüdung des reinen Stahls. Die Kerbwirkung des gerippten Stahls wird dabei im Versuch automatisch erfasst (vgl. Nennspannungs-Konzept). Wichtig ist hierbei die Frage, ob der Beton-Querschnitt im Zustand I oder II ist, da dadurch sehr unterschiedliche Beanspruchungen des Bewehrungstahls auftreten.
Weitere Hinweise dazu sind dazu im DIN EC-2 gegeben.
Literatur
1 Schneider,J.: Sicherheit und Zuverlässigkeit im Bauwesen. Teubner-Verlag, Stuttgart, 1994.
2 Erker **** 3 Haibach ** 4 Seeger **** 5