Auswirkung

1. Allgemeines

Die Auswirkungen von Schwingungen auf Tragwerke, lassen sich grob in drei Bereiche aufteilen: A) Tragfähigkeit: Maximale Beanspruchung beim Eintreten der maximalen Amplitude B) Gebrauchstaulichkeit C) Ermüdung infolge wiederholter Einwirkungen mit geringeren Amplituden als unter A)

2. Auswirkung auf die Tragfähigkeit, First Passage Problem

Im Fall A) treten große Beanspruchungen im Tragwerk auf, die zu Rissen oder plastischen Verformungen führen können. Hieraus resultiert ein nichtlineares Tragwerksverhalten. Nichtlineares Tragwerksverhalten vergrößert die Dämpfung der schwingenden Struktur. Es treten zwar größere Amplituden auf als im linearen Fall, die dynamischen Amplituden um den vergrößerten Mittelwert sind geringer. Schwingungen klingen auch schneller ab. Wenn beim Durchlaufen der ersten maximalen Amplitude ein lokales oder globales Systemversagen auftritt, spricht man von einem First Passage Problem, bei erstmaligen Passieren der maximalen Beanspruchung versagt das Tragwerk. Die Veränderung im Schwingungsverhalten infolge plastischer Verformungen ist in der folgenden Darstellung zu erkennen.

Das Werkstoffverhalten ist i.a. stark geschwindigkeitsabhängig. Dies hängt damit zusammen, dass die im Werkstoff ablaufenden Prozesse, wie Versetzungen, Rissbildung Ausbilden von plastischen Zonen, Zeit benötigen. Bei sehr schneller Beanspruchung kommt das Material „nicht nach“, die plastischen Verformungen sind z.B. geringer als bei langsamer, statischer Beanspruchung, auch die Streckgrenze und der Elastizitätsmodul werden größer, siehe z.B. [35]. Für den Nachweis werden derzeit allerdings in der Regel die statisch bestimmten, klassischen Grenzwerte verwendet. Man bestimmt die maximale Beanspruchungs-Amplitude und prüft, ob diese kleiner oder gleich der in den Normen gegebenen Grenzspannungen sind. Wenn die Beanspruchungen größer sind als die Beanspruchbarkeit ist eine Aktion erforderlich. Hierbei sollte man im Hinterkopf haben, dass es in der Dynamik nicht immer eine sichere Seite gibt, wie in der Statik: Wenn ein Querschnitt vergrößert wird, um die auftretenden dynamischen Beanspruchungen aufnehmen zu können, verändert sich auch infolge des Steifigkeitszuwachses und ggf. der Masse das dynamische Verhalten. Es ist also immer zur Überprüfung eine Neuberechnung der Dynamik erforderlich. Die Sicherheit in den Grenzzuständen der Tragfähigkeit wird nur in seltenen Fällen durch echte baudynamische Berechnungen nachgewiesen. Der überwiegende Anteil realer baudynamischer Probleme mittels quasistatischer Nachweise erfasst und abgedeckt.

3. Auswirkung auf die Gebrauchstauglichkeit

3.1 Ermüdung

Die Auswirkung von Schwingungen auf die Nutzungsfähigkeit kann vielfältig sein und kann sich z.B. in Form von Haarrissen und Abplatzungen oder auch durch übermäßige Verformungen äußern. Sofern Grenzwerte für unterschiedliche Bauwerke, Bauweisen und Einwirkungen angegeben werden können handelt sich dabei um empirische Werte, die sich also auf die Erfahrung an bisher durchgeführten Bauwerken stützen. Grenzwerte hängen ab von

  • der Bauwerksart (Brücke, Turm, Haus)
  • der Art des Baugrundes
  • der Art der Schwingungserregung,
  • der Frequenz und Einwirkungsdauer der Schwingung
  • etc.

Sofern für die geplante Konstruktion Grenzwerte zu finden sind, ist zu beachten, dass diese grundsätzlich mit einer gewissen Unsicherheit belegt sind. Hinweise zur Bewertung der Schwingungen von Glockentürmen gibt die DIN 4178, der die Abbildung 5.2 entnommen ist. Wenn die als Orientierungswert angegebenen Schwinggeschwindigkeiten nicht eingehalten werden, sind nicht unbedingt Schäden die Folge:

Eine Zusammenstellung von Anhaltswerten ist in der VDI 2038 zu finden [28], siehe Abbildung 5.3. Die Angaben für Dauererschütterungen stimmen mit den Werten der DIN 4150-3 überein.

Wenn Bauwerksschwingungen auftreten, ist stets zu prüfen, ob eine Ermüdungsgefahr besteht. Diese Prüfung wird über den Nachweis der Zeit- oder Dauerfestigkeit durchgeführt. Für den Zeit- oder Dauerfestigkeitsnachweis müssen die Anzahl N und die Größe Δ? der Beanspru-chungsspiele (Beanspruchungshysteresen), die als ermüdungsrelevante Ereignisse angesehen wer-den, bekannt sein. Die Frage nach Anzahl und Größe der Beanspruchungsspiele kann leicht beant-wortet werden, wenn der zeitliche Verlauf der Beanspruchung bekannt ist. Durch Auszählen der ge-schlossenen Beanspruchungshysteresen innerhalb vorgegebener Klassenbreiten z. B. mit Hilfe des sog. Rainflow-Verfahrens wird der Beanspruchungs- Zeitverlauf klassiert. Das Klassieren wird, wenn der zeitliche Verlauf der Beanspruchungen in digitaler Form vorliegt, am einfachsten mit Computer-programmen vorgenommen. Durch Sortierung der Klassenbreiten über der aufsummierten Anzahl der Beanspruchungsspiele er-hält man das Beanspruchungskollektiv, das für den ausgewerteten Zeitraum gültig ist. Wenn der zeit-liche Verlauf der Beanspruchung nicht für die gesamte Lebenszeit charakteristisch ist, müssen weite-re Zeitverläufe mit anderen typischen Beanspruchungsverläufen analysiert werden. Durch klassen-weise Summation der Beanspruchungsspiele über alle untersuchten Beanspruchungssituationen erhält man schließlich ein Beanspruchungssummenkollektiv, das für die gesamte Lebenszeit gilt. In Abbildung 5.4 ist beispielhaft das Summenkollektiv der Doppelspannungsamplitude für die maximal beanspruchte Stelle einer Metallfassade dargestellt.

Die Beurteilung des daraus resultierenden Schädigungszustandes wird mit Hilfe von Schadensakku-mulationshypothesen behandelt. Häufig wird bei der Klassierung von Zeitschrieben nicht von Bean-spruchungs-Zeitverläufen, sondern von Belastungs-Zeitverläufen ausgegangen. Diese Vorgehenswei-se ist nur bei quasi-statischem Systemverhalten, also bei sehr hoher Abstimmung möglich. Wenn dies nicht gegeben ist, wirkt das dynamische System wie ein Filter, der nur begrenzte Frequenzbereiche der Einwirkungen in entsprechende Antworten umsetzt. Deutlich wird dies aus Abbildung 5.5.Die einwirkende Windlast (linkes Bild) hat ein breites Frequenzspektrum, es sind langwellige und kurz-wellige Schwingungen zu erkennen. Das sehr tief abgestimmte Tragwerk setzt nur die langwelligen Änderungen der Windlast in Tragwerksschwingungen im Takte seiner Eigenfrequenz, aber mit zufälli-gen Amplituden um (Abbildung 5.5, rechts). In diesen Fällen muss zur Ermittlung der Beanspru-chungskollektive also stets eine dynamische Berechnung zwischengeschaltet werden. Im Abs. 7.5.3 wird auf die Ermittlung von Beanspruchungskollektiven unter zufälliger Belastung eingegangen.

Bei häufig wiederholten Beanspruchungen können Risse durch den Ermüdungseffekt der Materialien entstehen. Unter Ermüdung versteht man in diesem Zusammenhang den Verlust des Werkstoffwi-derstandes infolge sich häufig wiederholender Belastungen. Die Ermüdungs-Beanspruchbarkeit liegt dabei häufig erheblich tiefer als die Beanspruchbarkeit bei einmaliger Belastung. Das Ermüdungsproblem wurde erstmals um 1830 bei eisernen Förderketten im Bergbau erkannt. Das Problem konnte damals zunächst durch eine Änderung der Konstruktion, nämlich die Verwendung von Drahtseilen anstatt Förderketten umgangen werden. Systematische Untersuchungen begannen erst ab 1840, ausgelöst durch sich häufende Brüche an Radachsen von Postkutschen und Eisenbahnwagen. Die damals von Wöhler entwickelte Ermüdungsprüftechnik ist noch heute im Wesentlichen gültig. Die Werkstoffermüdung wird vorwiegend durch die Schwingbreite der Beanspruchung und die An-zahl der Schwingspiele hervorgerufen. Untersuchungen auf ausreichende Ermüdungsfestigkeit sind daher in der Regel nur bei Beanspruchungsverhältnissen durchzuführen, die in der Normung als „nicht vorwiegend ruhend“ beansprucht werden. Entscheidend hierfür ist, dass größere Spannungs-wechsel in größerer Zahl auftreten. Der Ermüdunsgnachweis wird dabei unabhängig von der Art des Baustoffes weitgehend ähnlich ge-führt. Die Regeln für Stahl sind z.B. im Eurocode 1993-1-9 festgelegt. Zunächst werden die Anzahl der Lastwechsel, die unter einer vorgegebenen Spannungsdoppelam-plitude auftreten, bestimmt. Hierzu gibt es Auswerteverfahren, wie z.B. das Rainflow- oder das Re-servoir-verfahren. Anschließend werden die Verhältnisse der Lastspielzahl einer Spannungsdoppel-amplitude und der zur Spannungsamplitude zugehörigen Bruchlastspielzahl bestimmt. Die Verhältnisse, die den anteiligen Schaden unter dem jeweiligen Spannungsniveau angeben, werden addiert. Die Gesamtsumme alle Teilschäden darf nicht größer als 1 werden.

Wenn nur eine Laststufe, also nur ein Spannungsdoppelamplitude, existiert, muss eben für diese Spannungsstufe die o.a. Bedingung eingehalten werden, die Summe erstreckt sich nur über ein Glied. Das Auszählen der Spannungsklassen setzt voraus, dass diese, z.B. gemessen, vorliegen. In vielen Fällen ist dies aber nicht der Fall, wie z.B. bei Wind- oder Wellenbeanspruchung, dies sind klassische Zufallsprozesse.


3.1.1 Determinierte Schwingungen

Die Ermittlung von Beanspruchungskollektiven bei determiniert einwirkenden Lastprozessen ist ver-gleichsweise einfach. Bei Vorliegen der zeitlichen Antwort kann diese, wie oben beschrieben, klas-siert werden. Durch Hochrechnung auf die gesamte Lebenszeit ergibt sich das Beanspruchungssum-menkollektiv. Die in der DIN 4133 und DIN 4131 angegebene Anzahl von Schwingspielen kreiszylindrischer Schorn-steine infolge von Kármánscher Wirbelerregung, ist auf diese Weise hergeleitet. Die zeitliche Antwort des dynamischen Fußmomentes des mit kritischer Windgeschwindigkeit angeströmten Schornsteins ist mit guter Näherung sinusförmig. Da die Querschwingungen des Schornsteins unter der kritischen Windgeschwindigkeit (theoretisch) stets mit gleicher Amplitude auftreten, ist das Spannungskollektiv konstant. Zur Hochrechnung auf die Gesamtzahl von denkbaren Schwingungen innerhalb der Lebens-zeit des Bauwerkes, muss also lediglich die statistische Häufigkeit der kritischen Windgeschwindigkei-ten (unter Berücksichtigung des sogenannten Lock-in-Effektes) bestimmt werden. Durch Ansatz einer Weibull-Verteilung für die Häufigkeit der Windgeschwindigkeiten pro Jahr und Voraussetzung einer 50jährigen Standzeit des Schornsteins, wurde die Gesamtzahl der zu erwartenden Beanspruchungsspiele ermittelt.

3.1.2 Zufallsschwingungen

Die Ermittlung von Spannungskollektiven bei Zufallsschwingungen, wie Wind-, Erdbeben-, verkehr- oder Meereswellenschwingungen etc. ist naturgemäß komplizierter. Hierbei hat das dynamische Systemverhalten einen wesentlichen Einfluss. Die Auswirkung des Systemverhaltens wird im Folgen-den dargestellt. Wird in Folgendem dargestellt.
A. Schmalbandprozess Bei Bauwerken mit sehr niedrigen Eigenfrequenzen werden nur die niederfrequenten Belastungsan-teile in Schwingungen umgesetzt. Typisch hierfür ist das Verhalten unter Windbeanspruchung. Tief-abgestimmte Bauwerke, wie Schornsteine, Maste, Hochhäuser mit unteren Eigenfrequenzen im Be-reich von 0,1 bis 0,2 Hz reagieren mit Schwingungen im Takte der Eigenfrequenz, aber mit zufälligen Amplituden (Abbildung 5.5). Da die Antwort nur in ein sehr schmales Frequenzband aufweist, spricht man von einem Schmal-bandprozess. Um Verwechslungen mit der Standardabweichung zu vermeiden, werden die Bean-spruchungen im folgenden mit bezeichnet. Beanspruchungen sind hierbei Spannungen, Schnitt-kräfte o. ä. Wenn man die Spitzenwerte , also die einzelnen Amplituden eines solchen Prozesses klassenweise auszählt, erhält man ein Histogramm, wie in Abbildung 5.7 dargestellt. Für unendlich lange Prozesse und Klassenbreiten von lässt sich zeigen, dass für Schmalbandpro-zesse die zugehörige Verteilung der Spitzenwerte einer Rayleigh-Verteilung entspricht. Deren Dichtefunktion lautet:

Hierin ist die Amplitude eines Beanspruchungsausschlages, die Standardabweichung des Bean-spruchungsprozesses. Die Größe der Beanspruchungsspiele ergibt sich bei Schmalbandprozessen näherungsweise aus dem doppelten Wert der Beanspruchungsamplitude: d. h. es wird
und

Der Mittelwert der Beanspruchungsdifferenzen ergibt sich aus der Differenz der Erwartungswer-te der Spitzen zu: .
Die Formeln lassen sich anschaulich nach Abbildung 5.7 auswerten. Hierzu kann die Rayleigh-Verteilungsdichte nach Gleichung (5.1) klassen- oder stufenartig angenähert werden. Die Fläche un-ter der Verteilungsdichte ist definitionsgemäß gleich 1. Die schraffierte Teilfläche gibt dann den An-teil von Beanspruchungsspielen mit den mittleren Amplituden dieser Klasse an. Da bei den hier be-trachteten Schmalbandprozessen die Frequenz des Beanspruchungsprozesses praktisch gleich der Eigenfrequenz ist, ergibt sich die Gesamtzahl der Beanspruchungsspiele zu:

Hierin ist T die Zeitdauer in Sekunden, in der der Beanspruchungsprozess mit der Varianz ? ² wirkt. Bei bekannter Gesamtzahl von Beanspruchungsspielen lässt sich nun für jede Klasse die zugehörige Anzahl von Beanspruchungsspielen nach Gleichung (7.5-5) ermitteln. Damit sind Anzahl und Größe einer jeden Beanspruchungsdifferenz und damit das Beanspruchungskollektiv für die Zeitdauer T definiert. Das Beanspruchungskollektiv lässt sich auch formelmäßig beschreiben. Die Zahl n der Zyk-len mit der Amplitude Δτ ergibt sich (da die Gesamtfläche unter der Rayleigh-Verteilung gleich I ist) bei einer vorgegebenen Gesamtzahl von Beanspruchungszyklen durch die Multiplikation der differentiellen Fläche mit der Gesamtzahl zu:

Bei bekanntem Beanspruchungskollektiv, lässt sich mit Hilfe einer Schadensakkumulationshypothese die Schädigung S abschätzen, die durch die unterschiedlichen Lastwechselzahlen mit unterschiedlich großen Beanspruchungsamplituden verursacht wird (siehe dazu Kapitel 12 dieses Handbuchs). We-gen ihrer einfachen Anwendung wird i. a. die lineare Schadensakkumulationshypothese von Palmg-ren/Miner herangezogen. Sie lautet

Der Summenteil gilt für stufenförmige (mit k Stufen), der Integralteil für kontinuierliche Beanspru-chungskollektive. Die Schädigung die 1 Lastspiel hervorruft, beträgt 1/ wobei die ertragbare Bruchlastspielzahl bei der Beanspruchungsamplitude im Einstufen-Wöhlerversuch ist. Die Teil-schädigung auf einem bestimmten Beanspruchungsniveau ist damit die Summe der Schädigungen aller Lastspiele , wenn die Anzahl der Lastwechsel auf dem Beanspruchungsniveau ist. N ist hier die Ge-samtzahl aller Beanspruchungsspiele. Die Gleichung (7.5-6) kann stets mit Hilfe der Summenfunktion ausgewertet werden, hierzu muss das kontinuierliche Beanspruchungskollektiv ggf. in ein Stufenkol-lektiv umgewandelt werden. Wenn das Beanspruchungskollektiv formelmäßig vorliegt, kann die Schädigungssumme nach Gleichung (7.5-6) auch analytisch ermittelt werden. Die Anzahl n der Zyklen mit der Beanspruchungsamplitude ergibt sich aus Gleichung (7.5-5). Die Bruchlastspielzahl ergibt sich aus der zugrundegelegten Ermüdungsfestigkeitskurve. Diese lautet:

Hierin ist die Dauerfestigkeitsspielzahl, die Dauerfestigkeit, m ist die Neigung der Wöhler-Kurve in doppeltlogarithmischer Darstellung, alle Größen werden den Normen entnommen (z. B. Eurocode 3). Durch Einsetzen der Größe von und in Gleichung (5.6) ergibt sich die Schadenssumme S wie folgt:

Wenn für die Rayleigh-Verteilung eingesetzt wird, und die konstanten Anteile vor das Integral gezogen werden, folgt [75]:

Das Integral ist als sog. Gammafunktion direkt integrierbar. Wegen des Ansatzes von als unterer Integrationsgrenze wird erst von dort an über die Beanspruchungsdifferenzen integriert, d. h. es wird ein horizontales Abknicken der Wöhler-Linie am Dauerfestigkeitspunkt vorausgesetzt. Dies stellt eine auf unsicherer Seite liegende Annahme dar, da Versuche zeigen, dass zwar die Neigung der Wöhler-Linie am Dauerfestigkeitspunkt flacher wird (insbesondere bei vorhergehenden Beanspruchungen über der Dauerfestigkeit), eine horizontale Gerade jedoch nur selten erreicht wird. Der andere Grenzfall, bei dem die Neigung der Wöhler-Linie bis zur Abszisse unverändert beibehalten wird, liegt weit auf sicherer Seite. Darüber hinaus wird in [36] ein Lösungsweg zur Berücksichtigung des Dauer-festigkeitsabfalls angegeben. Zur Frage der Gültigkeit von linearen Schadensakkumulationshypothe-sen und der inkrementellen Berücksichtigung eines Dauerfestigkeitsabfalls sind z.B. in [36] ausführli-che Hinweise gegeben.
B. Breitbandprozess Bei Bauwerken mit sehr hohen Eigenfrequenzen werden nur die Belastungsanteile, die mit entspre-chend hohen Frequenzen verbunden sind, in Schwingungen umgesetzt. Das hochabgestimmte Sys-tem folgt den vergleichsweise langsamen Änderungen der Belastung dann quasistatisch, d. h. ohne wesentliche dynamische Überhöhung; lediglich die hohen Frequenzen des einwirkenden Prozesses, die der Eigenfrequenz entsprechen, werden in Schwingungen umgesetzt. Die Systemantwort ent-spricht also weitgehend der breitbandigen Einwirkung mit überlagerter Schwingung im Takte der sehr hohen Eigenfrequenz. Im Frequenzband sind jetzt viele Frequenzen an der Antwort beteiligt, man spricht von einem (näherungsweisen) Breitbandprozess. Wenn man die Spitzenwerte eines (unendlich) breitbandigen Antwortprozesses klassenweise auszählt, erhält man eine Häufigkeitsvertei-lung, wie in Abbildung 5.8 angegeben.

Für unendlich lange Prozesse und Klassenbreiten von ergibt sich für die Spitzenwerte eine Gauss-Verteilung [33]. Leider lassen sich beim Breitbandprozess die für die Ermüdung relevanten Beanspruchungsspiele nicht mehr ohne weiteres mit Hilfe statistischer Hilfsmittel bestimmen. Lediglich für den Fall, dass die Extremwerte statistisch unabhängig sind, lässt sich die Beanspruchungsdifferenz aus der Differenz des größten und kleinsten Extremwertes bestimmen. Ob bei praktisch vorliegenden Fällen tatsächlich eine Unabhängigkeit der Extremwerte vorliegt, muss jeweils geprüft werden. Für den Grenzfall des reinen Breitbandprozesses ist dies gegeben, nicht jedoch für (übliche) bandbe-grenzte Prozesse. Im allgemeinen Fall lässt sich die Beanspruchungsdifferenz bei Breitbandprozessen nicht aus dem doppelten Wert der Beanspruchungsamplituden bestimmen, da nicht (wie beim Schmalbandprozess) nach jeder Amplitude der Mittelwert gekreuzt wird. Die Annahme des doppel-ten Wertes der Beanspruchungsamplituden liegt extrem auf sicherer Seite. Man wird in solchen Fäl-len vorhandene Beanspruchungs-Zeitverläufe klassieren müssen. Die häufig verwendete Beziehung von Rice [33] zur Bestimmung der Anzahl der Aufwärtskreuzung des Mittelwertes eines stochasti-schen Prozesses kann die Anzahl der Beanspruchungsspiele ganz erheblich unterschätzen und liegt damit auf unsicherer Seite.

Ermittlung des Summenkollektivs Wenn das Beanspruchungskollektiv für einen bestimmten Zeitraum mit darin konstanter Standardabweichung ermittelt ist, muss anschließend bestimmt werden, wie oft ein derartiger Zustand auftreten kann. Bei einem Windprozess muss also z. B. bekannt sein, wie lange ein Wind mit einer vorgegebenen Standardabweichung pro Jahr auftritt. Die Standardabweichung des fluktuierenden Windprozesses ergibt sich näherungsweise zu:

Hierin beschreibt ?, die Bodenrauhigkeit und u_10 den Stundenmittelwert der Windgeschwindigkeit in 10m Höhe. Da die Bodenrauhigkeit i. a. konstant ist, muss zur Bestimmung der Standardabweichung die Verteilung des Stundenmittels der Windgeschwindigkeit bekannt sein, vgl. z. B. [34]. Im allgemeinen Fall ist das Stundenmittel windrichtungsabhängig.

3.2 Auswirkungen auf den Menschen

Der Mensch besitzt ein sehr gutes Wahrnehmungsvermögen von mechanischen Schwingungen. Schwingamplituden von weniger als 1 mm, die auf den ganzen Körper können gespürt werden. In-wiefern der Mensch in der Lage ist, Schwingungen wahrzunehmen von verschiedenen physiologi-schen aber auch psychologischen Faktoren ab. Zum Beispiel hat die Haltung des menschlichen Körpers eine wesentliche Einfluss. Schwingungen werden im Stehen, Sitzen oder Liegen jeweils unterschiedlich empfunden. Die Schwingungen wirken hier jeweils in unterschiedlicher Richtung auf die Wirbelsäule, siehe Abbildung 5.9. Ebenso wichtig ist die gerade ausgeübte Tätigkeit des Menschen. Eine ruhende Person wird Schwin-gungen eher wahrnehmen, als eine springende oder laufende Person. Ob eine Schwingung als stören oder unangenehm empfunden wird hängt natürlich auch von der Erfahrungsstruktur, der persönli-chen Einstellung, dem Alter und dem Geschlecht eines Menschen ab. Tageszeit, Auftretenshäufigkeit, Intensität und Frequenz der Schwingung sind weitere Faktoren. Die vorgenannte Aufzählung ist nicht abschließend. Ob eine Schwingung als störend empfunden wird, hat einen subjektiv geprägten Cha-rakter. Wie Untersuchungen zeigen, ist die subjektive Wahrnehmung von mechanischen Schwingungen durch den Menschen im Frequenzbereich von 1 Hz bis 100 Hz ungefähr proportional zur Schwingbeschleunigung.

Die DIN 4150-2 Erschütterungen im Bauwesen deckt lediglich einen Frequenzbereich ab 1 Hz ab. Hier geht es also primär um die Beurteilung von Schwingungen (Erschütterungen) im höherfrequenten Bereich, wie sie z.B. bei Rammarbeiten auftreten können. Schwingungen von Hochhäusern oder anderen Türmen sind oftmals Ursache einer Erregung durch den natürlichen Wind. Solche Schwingungen treten überwiegend im Frequenzbereich unter halb 1 Hz auf. In der Abbildung 5.10 ist ein Diagramm zu Bewertung der horizontalen Schwingungen bei Hochhäu-sern angegeben. Die vier Klassen orientieren sich an der Beschleunigungsamplitude.

Die gleichen Klassengrenzen

  • <0,5%g nicht spürbar
  • 0,5%g bis 1,5%g spürbar
  • 1,5%g bis 5%g lästig
  • 5%g bis 15%g sehr lästig
  • 15%g nicht tolerierbar
    .
    sind auch in [37] angegeben. Weitere Quellen bestätigen die Spürbarkeitsschwelle im Bereich von 0,3%g bis 0,6%g im Bereich von 0,1 bis 1 Hz. Neben dem Absolutwert ist auch die Auftretenshäufigkeit der Horizontalbeschleunigung maßgebend für die Beurteilung des Nutzerkomforts. In [37] wird auf Basis einer Befragung von Nutzern und Eigentümern festgelegt, dass ein Überschreiten der Grenze von 0,5%g einmal in 6 Jahren, sowohl unter physiognomischen als auch ökonomischen Gesichtspunkten toleriert würde. Eine andere Darstellung für die Wahrnehmungsschwelle ist in der nachfolgenden Abbildung 5.11 zu finden. 50% der Bevölkerung spüren in Abhängigkeit von der Schwingfrequenz diesen Wert.

Im Anhang D von ISO 10137 sind Grenzwerte für den menschlichen Komfort bei Windeinwirkung angegeben. Abbildung 5.12 ist dieser Norm entnommen. Angegeben ist die Zulässige Beschleuni-gungsamplitude für Wohngebäude und Büros, die höchstens einmal im Jahr erreicht werden darf.

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